Thüringen – unkompliziert und bürgernah
Modernisierung der Verwaltung für einen dienstleistenden Staat
Die Modernisierung der Verwaltung ist eines unserer zentralen Anliegen. Während die Bürgerinnen und Bürger Dokumente immer form- und fristgerecht beizubringen haben, tut sich der Staat schwer damit, Verfahren zügig, transparent und bürgerfreundlich durchzuführen. Bürger, Unternehmen und Verwaltungen gemeinsam zu entlasten, und Prozesse schneller, effizienter und einfacher zu gestalten – das ist unser Ziel.
Die Kommunen müssen eine große Bandbreite an Aufgaben erfüllen. Um sie in ihren Aufgaben zu unterstützen, muss der Freistaat Thüringen die digitalen Anwendungen, die für die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises notwendig sind, zentral entwickeln und den Kommunen zur Verfügung stellen. Das ist Grundlage für einen zentralen Support sowie einheitliche Schnittstellen für den Datentransfer. Wir Freien Demokraten wollen außerdem nach einer umfangreichen Aufgabenanalyse auch die Rückübertragung von Aufgaben der Kommunen im übertragenen Wirkungskreis zurück auf die Landesebene in Erwägung ziehen, um so die kommunalen Behörden zu entlasten und durch Aufgabenbündelung die Aufgaben dort effizienter erledigen zu können, wo sich die Möglichkeit dazu ergibt.
Ein vielfältiger Markt für IT-Anwendungen mit unterschiedlichen Anbietern bringt mit sich, dass die Verwaltungen in Bund, Ländern und Gemeinden oft mit unterschiedlichen Programmversionen beziehungsweise der Software unterschiedlicher Hersteller arbeiten. Diese sind oft untereinander nicht kompatibel, weshalb ein automatischer Datentransfer oft nicht möglich ist.
In vielen Bereichen der Thüringer Landesverwaltungen werden zwar die gleichen Programme verwendet, unzureichende Kompatibilität und fehlende Schnittstellen verhindern jedoch automatischen Datentransfer zwischen den Institutionen. Stattdessen werden die Daten teilweise ausgedruckt und händisch wieder eingepflegt. Abgesehen von der Absurdität solcher Vorgänge, kann sich der Freistaat mit Blick auf den fortschreitenden Fachkräftemangel einen solchen Einsatz wertvoller Arbeitszeit schlicht weg nicht mehr leisten. Die Kompatibilität aller in der Verwaltung verwendeter Systeme ist zwingende Voraussetzung, um überhaupt durch Digitalisierung eine effizientere Verwaltungsarbeit zu gewährleisten.
Wir Freien Demokraten fordern die zügige Definition von Schnittstellen für die schnelle und reibungslose Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Verwaltungsanwendungen. Ein seit Jahrzehnten erprobtes Beispiel ist der Gemeinsame Ausschuss für Elektronik im Bauwesen (GAEB), über dessen Schnittstellen jede gängige Ausschreibungssoftware im Bau verfügt.
Die Freien Demokraten setzen sich von jeher für einen schlanken, aber funktionierenden Staat ein. Leider sind derzeit weite Teile der Verwaltung Bürokratiemonster, zum Leidwesen sowohl der Bürger als auch der dort beschäftigten Verwaltungsangestellten und -beamten. Dies entwickelt sich zu einem echten Standortnachteil. Daher fordern wird, dass intelligente digitale Prozesse die Verwaltungstätigkeiten beschleunigen und einfacher machen. Darüber hinaus ist es notwendig zu prüfen, an welchen Stellen Bürokratie durch die Vereinfachung oder Streichung von Vorschriften, Verordnungen und Gesetzen abgebaut werden kann. Manche gesetzlich verankerten Standards sind schlichtweg überholt beziehungsweise überflüssig. Wir Freien Demokraten wollen Thüringen entfesseln durch weniger und einfachere Regeln.
Deswegen werden wir auch in der nächsten Legislatur erneut ein Standarderprobungsgesetz vorlegen. Damit wollen wir den kommunalen Körperschaften ermöglichen, neue Formen der Aufgabenerledigung zu testen, die dann nach erfolgreicher Umsetzung in der Praxis auch landesweit adaptiert werden können. Ein solches Gesetz dient dazu, den zukünftigen Herausforderungen der Kommunen mit flexiblen und an die Gegebenheiten vor Ort angepassten Lösungen zu begegnen, und so neue Wege bei der Aufgabenerfüllung auszuprobieren. Dass das funktionieren kann, zeigt beispielsweise die Praxis im Bundesland Brandenburg.
Der Cyber-Angriff auf den Landkreis Anhalt-Bitterfeld hat diesen etwa zwei Millionen Euro gekostet und bis heute laufen noch nicht alle Prozesse wieder im Normallauf. Wir Freie Demokraten sehen in der Cybersicherheit unsere Achillesferse im Informationszeitalter, daher wollen wir ihre Bedeutung für Verwaltung und für die Wirtschaft stärken. Wir brauchen eine umsetzbare und agil weiterzuentwickelnde Cybersicherheitsstrategie. Hierbei ist insbesondere die Prävention zu stärken.
Dies ist durch regelmäßige Überprüfung der Notfallregelungen sowie eine konsequente Einbeziehung der „Human Firewall“ zu erreichen. In den meisten Fällen entstehen Cyberangriffe durch unbedachtes Verhalten von Mitarbeitern in den Verwaltungen. Diese müssen intensiv und regelmäßig geschult und beraten werden.
Gerade in den Kommunen ist es oft gar nicht möglich, qualifiziertes Fachpersonal für den Bereich der Cybersicherheit zu finden. Daher sprechen wir Freien Demokraten uns dafür aus, dass im Innenministerium alle Kompetenzen in diesem Bereich gebündelt und ausgebaut werden. Dann sollen die Kommunen dort entsprechende Ansprechpartner finden und Unterstützung erhalten.
Darüber hinaus müssen Kosten für eine sichere IT-Infrastruktur im Rahmen des Konnexitätsprinzips in die Erfassung des kommunalen Finanzbedarfs im kommunalen Finanzausgleich mit einberechnet werden. Denn IT-Sicherheit ist Pflichtaufgabe auf allen Verwaltungsebenen.
Wir Freien Demokraten stehen für Freiheit und Selbstbestimmung vor Ort in der kommunalen Familie. Unser Ziel ist die Schaffung schlagkräftiger Verwaltungseinheiten und die rechtliche Verankerung neuer Formen der kreisübergreifenden Zusammenarbeit zwischen Landkreisen und kreisfreien Städten bei gleichzeitiger Stärkung von Zentralfunktionen im Landesverwaltungsamt. Die politischen Entscheidungen im Sinne der regionalen Identität belassen wir vor Ort und schaffen zugleich effizientere, digitale und großräumige zukunftsfeste Verwaltungsstrukturen. Vor allem der kommunale Aufgabenbereich im übertragenen Wirkungskreis muss komplett in diesem Sinne vollständig auf den Prüfstand gestellt werden. Hier müssen dringend Synergien gebündelt und standardisierte Prozesse geschaffen werden. Wir können uns keine unterschiedlichen Verwaltungsgeschwindigkeiten bei der Erfüllung gleicher Aufgaben leisten. Die Effizienz der Arbeitsprozesse innerhalb des Landesverwaltungsamtes wollen wir nachhaltig verbessern, insbesondere im Zusammenspiel mit den Ministerien und den Kommunen.
In den Gemeinden steht die Erfüllung der Daseinsvorsorge, die Sicherheit und die Lebensqualität für die Einwohner im Mittelpunkt. Wir setzen uns dafür ein, dass Städte und Dörfer, auf der Grundlage eines fairen Interessenausgleichs bei der finanziellen Ausstattung zwischen Land und kommunaler Familie, möglichst selbstbestimmt die Leistungsfähigkeit der Aufgabenerfüllung im eigenen Wirkungskreis und die Potenziale interkommunaler Zusammenarbeit bewerten können. In kommunalen Verwaltungsstrukturen, in denen die Verwaltung und die Einwohnerschaft im Sinne des öffentlichen Gemeinwesens gemeinsam nicht mehr in der Lage sind, ihre Aufgaben kosteneffizient und leistungsfähig vollständig zu erfüllen, müssen in der Zukunft auch neue Wege gegangen werden. Kommunen, welche aus eigenem Willen heraus den Weg Richtung einer neuen Gemeindestruktur wählen, sollen zukünftig weiter eine Landesunterstützung in Form eines einmaligen Start-Zuschusses erhalten.
Ein Weg, trotz kleinteiliger Strukturen und trotz Selbständigkeit auch in kleinen Gemeinden, nicht in jedem Dorf das Fahrrad neu erfinden zu müssen, besteht in der Interkommunalen Zusammenarbeit (IKZ). Sie schafft leistungsfähige regionale Strukturen, ohne dabei die Selbstverwaltung vor Ort einzuschränken. Ob gemeinsame Bauhöfe, gemeinsame Wasser- oder Feuerwehren, gemeinsame Behörden – wie heute schon oft bei Standesämtern praktiziert – dem Ideenreichtum vor Ort sind da keine Grenzen gesetzt. Wir werden die bestehende rechtliche Förderung von Initiativen interkommunaler Zusammenarbeit mit Blick auf ihre Wirksamkeit überprüfen und streben eine grundlegende Vereinfachung an, um den Abruf öffentlicher Finanzmittel für die kommunale Familie zu erleichtern.
Wir Freien Demokraten wollen eine Bagatellgrenze von 100.000 Euro für den förderunschädlichen Maßnahmenbeginn einführen. Der bürokratische Aufwand bei der Beantragung von Fördermitteln stellt insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen sowie gemeinnützige Organisationen eine erhebliche Belastung dar. Durch die Einführung der Bagatellgrenze können notwendige Investitionen noch vor dem eigentlichen Maßnahmenbeginn angestoßen werden.
Wir fordern eine Reform des Thüringer Vergabegesetzes, um sowohl der Wirtschaft als auch den Behörden die Arbeit zu erleichtern. Vergabeverfahren müssen grundsätzlich vereinfacht werden. Das beginnt damit, dass vergabefremde Kriterien, wenn sie überhaupt Teil eines Vertrages sein sollen, lediglich in der Leistungsbeschreibung und den Vertragsbedingungen aufgeführt werden und nicht im Vergabeverfahren zu berücksichtigen sind. Dies soll Rechtssicherheit für die am Verfahren Beteiligten schaffen und die Verfahrensdauer verkürzen.
Darüber hinaus soll verstärkt mit losweisen Vergaben gearbeitet werden, wobei die Losgrößen für kleinere und mittelständische Unternehmen zu bewältigen sein müssen. Die Anforderungen sollten in den Ausschreibungsbedingungen nur so hoch gesetzt werden wie für den konkreten Fall notwendig und nicht so hoch wie möglich.
Zu den Immobilieneigentümern im Freistaat Thüringen gehört in nicht unerheblichem Umfang auch der Freistaat Thüringen. Wir Freien Demokraten fordern, dass das Land als Eigentümer mit gutem Beispiel vorausgeht, seine Immobilien in einem guten Zustand erhält und wenn bestimmte Gebäude bzw. Grundstücke nicht mehr gebraucht werden, dafür Sorge trägt, dass es eine angemessene und zeitnahe Nachnutzung gibt, die einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vor Ort gerecht wird. Dazu bedarf es fachlich rechtzeitig im Vorfeld des Nutzungsendes einer qualifizierten konzeptionellen Arbeit in verantwortungsbewusster Kooperation mit den betroffenen Kommunen, um regionale Akteure vernetzen und erforderlichenfalls frühzeitig entsprechende Bauleitplanungen einleiten zu können. Dies gilt für den Umgang mit ehemaligen Klinikgebäuden in Jena genauso wie für die gemäß Staatsvertrag mit Sachsen in absehbarer Zeit außer Betrieb zu nehmende JVA Hohenleuben. Hier wird der Freistaat dem Grundsatz, dass Eigentum verpflichtet, in keiner Weise gerecht. Wir sagen aber, dass es Investruinen wie die so genannte „Kettenburg“ in Tonna aufgrund konzeptionell unzureichenden Handelns des Freistaats in Zukunft nicht mehr geben darf.
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